Vielleicht vertraue ich dir morgen (Auszeit mit Lotte 2) – Corinna Kohfink
Puh – selten hat es mich so in den Fingern gejuckt, eine Rezension zu schreiben. Normalerweise lasse ich das Buch sacken, überlege, was ich schreiben könnte, und setze mich dann an die Rezension. Bei diesem Buch ist alles, wirklich alles, anders. Die Rezension steht in meinem Kopf schon seit den ersten Seiten und hat sich während des Lesens verfeinert.
Direkt vorab: dieses Buch ist für mich das bisher beste Buch der Autorin. Corinna Kohfink schreibt immer tiefgründig, immer mit dem Gedanken, dass der Leser was mitnehmen kann, und auch immer mit Happy End. Dieses Buch hat jedoch so viel Tiefgang, so viel Emotionalität, wie ich es bisher erst bei wenigen Büchern in diesem Genre gelesen habe.
Vor Beginn des Buches war ich neugierig, wen die Autorin diesmal zu Lotte schickt. Alle bisher bekannten Figuren hatten einen Aufenthalt bei Lotte nicht nötig. Wie also würde die Autorin es schaffen, eine Protagonistin ins Spiel zu bringen, die mit den bisherigen Figuren verwoben war? Na klar! Mit einer neuen Nachbarin, die zu Lydia und Friederike in die Nachbarschaft zieht. Carin war geboren.
Carin ist eine Frau, der es an Selbstvertrauen und Selbstbewusstsein mangelt. Zu sehr war sie durch ihre Kindheit und ihre Ehe geprägt, zu viele Menschen haben ihr in der Vergangenheit deutlich gemacht, dass sie nichts wert sei. Schnell merkt Lydia, dass Carin dringend eine Auszeit bei Lotte benötigt, um zu sich selbst zu finden. Mit etwas Überzeugungsgewalt gelingt es Lydia schließlich, die neue Freundin zur Reise zu überreden. Doch da Carin Flugangst hat, muss eine Reisealternative her. Da trifft es sich gut, dass Malte, ein Freund von Leon, mit einem Transporter über den Landweg bzw. mittels Fähre nach Menorca reisen will. Als selbstständiger Fotograf kann er seine Zeit so planen, dass es mit Carins Reiseplänen passt. Dass sich zwischen Malte und Carin eine intensive Beziehung entwickelt, ist kein Geheimnis, doch den Weg, den die beiden nehmen, muss der Leser selbst herausfinden. Einen kleinen Spoiler gebe ich: es ist unglaublich schön geschrieben!
Was diesen Roman jedoch für mich so besonders macht, ist Carins Vergangenheit. Ganze Textpassagen könnten aus meinem Leben genommen sein. Hier ist es Corinna Kohfink mit unglaublich viel Feingefühl und Empathie gelungen, eine Protagonistin zu erschaffen, die authentischer nicht sein könnte. Man fühlt ihre Zweifel, ihre mangelnde Selbstliebe und auch das mangelnde Vertrauen, dass Personen in ihrem Umfeld es wirklich selbstlos gut mit ihr meinen könnten. Die Autorin vollzieht bei Carin eine unglaubliche Entwicklung. Denn Carin schafft es auf der Reise und bei Lotte, ihre Gedanken vom Negativen ins Positive zu lenken. „Der helle Wolf“ ist ein wunderbares Sinnbild, wie man denken sollte. Und hier ziehe ich für mich viel Positives aus diesem Roman. Die Tipps, die Carin von Malte und Lotte bekommt (und auch von ihren Nachbarn), sollte man sich in Ruhe und auch mehrfach durchlesen. Denn sie lassen sich eins zu eins in die Realität umsetzen. Fast, als ob die Autorin einen Coachingratgeber geschrieben hätte – verpackt in einen wundervollen Roman. Ich habe jede Zeile genossen, habe jedoch auch mehrfach das Buch beiseitelegen müssen, weil ich über meine eigene Vergangenheit nachdenken musste.
Mein Fazit zu diesem Buch: UNBEDINGT LESENSWERT! Nicht nur, wenn man in der Vergangenheit Probleme hatte. Die Geschichte an sich ist unglaublich berührend und herzerwärmend. Sie geht (für mich) tief in die Seele und bringt Lichtblicke in den Alltag.
Ich könnte noch so viel mehr schreiben, doch das sprengt den Rahmen einer Rezension. Gern würde ich viel mehr als „nur“ fünf Sterne geben.
DANKE CORINNA, für dieses tolle Buch!